Im Bezug auf Trennungen hatte Valerie im Rückblick leider große und ausgeprägte Phasen selektiver Amnesie. Das hieß, sie konnte sich, weil sie wollte, nur noch an Dinge erinnern, die ihr angenehm waren. Auf jeden Fall weitaus angenehmer als die Dinge, an die sich die übrigen Beteiligten zumeist erinnern konnten.
Unbestimmten Alters und unbestimmter Herkunft spielte sie die Rolle ihres Lebens: die der Karin Malting. Immer schon von weitem zu hören und zu sehen, liebte sie alles, was wie sie bunt und laut war. Sie kannte genau drei Tonlagen: laut, lauter und sehr laut. Dazu hatte sie noch einen ausgeprägten Standesdünkel, bei dem sie selbst - das war das einzig Klare hierbei- immer ganz oben angesiedelt war. In welchem Stand auch immer.
Ob es am letzten Wodka lag oder am Vollmond irgendwo auf der Welt. Valerie hatte diese Nacht einen Traum: Sie war auf einer Lesung ihres neuen Buchs. Überall große Plakate "Beware of the Au Pair". Das Publikum war voller Kinder, Mütter, Schwangerer und die Sachbearbeiterin ihrer Adam & Co Bank saß mit den Bankdirektoren in der ersten Reihe. Alle saßen auf rosafarbenen Grabsteinen. In der letzten Reihe Bernhard mit seiner Familie. Esther ganz in Schwarz mit einem Schleier, daneben Leonard mit einem Fähnchen "Yes you can!". Alles jubelte. Es spielt das Lied "Positive Thinking." Sie stand ohne Schuhe an ihrem Lesepult vor Bücherbergen ihres Buches. Alwine Anheim ging herum und verteilte Brathühner an die Gäste, in die statt Rosmarin das Buch gestopft war. Am hinteren Fenster des Raumes sah sie Adrian und Amelie vorbeigehen, auf Amelies Hut blinkte in pinker Neonschrift "J ́aime Dior" und Adrian hielt einen pinkfarbenen Chihuahua auf dem Arm. Hinter ihr am Lesepult stand Richard Fox, der abwechselnd eine Tafel mit "No Smoking" und eine mit "Applaus!" in das Publikum hielt. Und im hinteren Teil des Raumes lief vor einem Rudi Carrell Pappaufsteller ein Laufband mit Haushaltsgeräten vorbei: Bügelbretter, Kochtöpfe, Schnellkochtöpfe, Staubsauger..... schweißgebadet wachte sie auf. Auch nach ihren nur elf Semestern Psychologie als Nebenfach, war ihr klar, dass die Dinge nicht alle so waren, wie sie sein sollten. Nicht einhundertprozentig optimal.
Aries (Mar 21-Apr 19) Once the laughter dies down, the party favors are put away, and the monkeys led back inside their cages, you’ll finally be given a chance to explain your side of the story.
Wie fast überall auf dem Land und bei den etwas weitläufigeren Häusern, die das Glück haben, ohne ein Namensschild am Eingang auf einem größeren Stück Erde herumzustehen, das demselben Besitzer gehört, standen auch hier immer die Türen offen. Und im Vertrauen auf ihr stets glückliches Schicksal und das Gute in der Welt waren auch die Haushunde dem Leben und den Mitmenschen freundlich gesinnt. Sie konnten ihren Kollegen, die bellend umhersprangen, wenn Besuch die Bühne betrat, nur mit mitleidigem Unverständnis begegnen. Die ihnen angeborene Stellung und ihre Erziehung erforderten eine angemessen freundliche Begrüßung des Gastes und zum Zeichen des Willkommens ein entgegenkommendes Schwanzwedeln. So begrüßten auch diese Vorzeige-Exemplare eines jeden Wachhund-Vereins Valerie mit unaufgeregter Freude und jenem leicht abwesend-gelangweilten Ausdruck auf ihren Schnauzen, den ein ununterbrochen glückliches Leben zuweilen hervorrufen kann.
Zurück auf dem Felsen eröffneten sich wieder völlig neue Wege der Ernsthaftigkeit und des sozialen Engagements. And so to work-
Da er über überhaupt keine Emotionen verfügte, musste er zur Klärung emotionaler Fragen oder Umstände, zu einer komplizierten Reihe ziemlich umständlicher und zeitaufwendiger Denkvorgänge greifen und diese dann mit den sozial üblichen Parametern abgleichen. Dies führte oft mit erstaunlicher Zeitverzögerung zu noch erstaunlicheren Ergebnissen.
Der Zweifel war einfach eine Hydra. Schlug man ihm einen Kopf ab, wuchsen zwei neue nach. Sie musste an ein Interview mit Elvis Presley denken, dass Freunde Adrian einmal als besonders bezeichnend zum Geburtstag aufgenommen hatten:
Frage des Reporters: "Elvis, what ́s your idea about the ideal girl?" Antwort: "Female, Sir!" Er war damals natürlich noch jünger. Elvis. Und sie sah unter sich im Wasser einen großen schwarzen Schatten und dachte: eine Wolke. Und sie schaute nach oben in den Himmel, aber da waren keine Wolken-
Meine glücklichen Kindheitstage am Ufer der Seine unterschieden sich nur wenig von meinen heutigen Arbeitstagen-
Und wo es völlig ausgereicht häte eine Tür zuzuschlagen, sprengte sie wieder einmal großzügig das ganze Haus-
Musik hingegen gehörte zu den zuverlässigeren Begleitern in Valeries Leben. Und es gab kaum ein Stück, keine Musikrichtung und wenige Interpreten, für die sich nicht eine passende Situation und Stimmung finden ließ. Es gab ein "Frisch-verliebt-im-offen-Wagen-die-A1-in-Californien-runterrasen-Stück", ein "Nachdenklich-auf-das-Eismeer-die-Schlittenhunde-und-den-letzten-Proviant-starren-Stück" und natürlich auch ein " Es-gibt-kein-Gestern-und-kein-Morgen-und-heute-gehen-wir-für-immer-ins-Wasser-Stück".
Der perfekte Gast verässt das Haus unter möglichst gleichen Teilen von Freude und Bedauern auf Seiten der Gastgeber, und das hatte Valerie auch hier wieder einmal - wie es niemand anders von ihr erwartet hätte - traumwandlerisch hinbekommen. Bei James Bond hätte der Zähler irgendeiner Bombe
wieder auf „007“ gestanden, Valerie schaffte es mit Zählerstand „001“. Was ihr jetzt nur noch fehlte, war das drehbare Nummernschild, gültig für alle Länder. Lustzeit, Liebeszeit, Lesezeit, Lernzeit, Erfolgszeit, Inspirationszeit, Vertrauenszeit, Weglaufzeit, Gefühlszeit, Partyzeit, Traumzeit, Gewinnzeit, Verliebtzeit, Tanzzeit, Flugzeit, Friedenszeit, Gedankenzeit, Schreibzeit, Entspannungszeit, Ichzeit, Reisezeit, Sensationszeit, Weltzeit -
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Februar 2015
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